Analgetika und chronischer Schmerz

Sind Analgetika bei der Behandlung von chronischen Schmerzen sinnvoll?

In meiner Maturaarbeit werde ich mich auf den Umgang mit chronischen Schmerzen, genauer auf funktionale und dysfunktionale Copingstrategien von Betroffenen, fokussieren. Ein weiteres Augenmerk liegt darauf zu erfahren, wie sich das Leben der Betroffenen aus ihrer Sicht seit der Erkrankung verändert hat. Im Folgenden werde ich auf eine mögliche Therapieform spezifischer eingehen. Konkret möchte ich der Frage, ob Analgetika bei der Behandlung von chronischen Schmerzen sinnvoll sind, auf den Grund gehen. Diese Frage scheint mir relevant zu sein, weil die Einnahme von Analgetika eine verbreitete Copingstrategie ist.

Der Übergang von akuten zu chronischen Schmerzen werde als fliessend erachtet. Dennoch spricht man meist von chronischen Schmerzen, wenn die Schmerzen mindestens 3 Monate andauern und fast ständig da sind oder häufiger wiederkehren. Häufig wird es als bio-psychosoziales Konstrukt beschrieben (Menche, Brandt 6 2013, S.37). „Nicht selten sind psychische und soziale Komponenten beteiligt.“ (Menche, Brandt 6 2013, S.37). Auf der unten aufgeführten Abbildung wird dieses Modell veranschaulicht.

Abbildung 1: Chronische Schmerzen (Ursachen, Therapie), 2022. (Quelle: selfapy.com)
Abbildung 1: Chronische Schmerzen (Ursachen, Therapie), 2022. (Quelle: selfapy.com)

„Anders als ein Antibiotikum, das eine Infektion heilt, bewirken Analgetika bei chronischen Schmerzen keine Heilung“ (Nicholas, Molloy et al. 2 2014, S88f). Hier stellt sich mir zum einen die Frage, was Heilung in diesem Kontext überhaupt bedeutet. Zum anderen scheinen mir Analgetika häufig insofern sinnvoll, dass man mit diesen Medikamenten die Negativspirale des Schmerzes durchbrechen kann und somit allenfalls Einfluss auf das Schmerzgedächtnis hätte. „Mit dem Begriff Schmerzgedächtnis bezeichnet man die biochemischen, funktionellen und morphologischen Veränderungen im zentralen Nervensystem, die durch wiederholte Schmerzerfahrungen entstehen.“ (Dr. Antwerpes/ Fink, 2019). Durch das Gespräch mit dem Assistenzart Dr. Lukas Margaroli kristallisierte sich jedoch heraus, dass Analgetika grundsätzlich keinen Einfluss auf das Schmerzgedächtnis haben. Vielmehr geht es laut Dr. Lukas Margaroli darum, den Alltag besser bewältigen zu können und das Schmerzniveau möglichst niedrig zu halten. Eine vollständige Heilung durch die reine Einnahme von Analgetika ist somit nicht möglich.

Hinzu kommt, dass die Wirkung vieler Schmerzmittel im Laufe der Zeit nachlasse, auch eine psychische (sowie physische) Abhängigkeit sei nicht selten. (Dr. Amrhein, 2016). Insbesondere bei Opioiden ist die Gefahr der Abhängigkeit hoch. Sie wirken häufig nicht nur stark schmerzdämpfend, sondern auch psychisch stimmungsaufhellend. Häufig muss nach einiger Zeit die Dosis dieses Opioids erhöht oder auf ein anderes gewechselt werden, um weiterhin eine ausreichende Schmerzlinderung zu erreichen (vgl. Jacobs, o.D.). Ein Beispiel dafür wäre Oxycontin. „Aber auch nicht-opioidhaltige Schmerzmittel haben ihre Schattenseite.“ (Jacobs, o.D.) Des Weiteren können bei langem unsachgemässem Gebrauch auch rezeptfreie Analgetika eine Organschädigung hervorrufen. (vgl. Jacobs, o.D.)

Bei (starken) chronischen Schmerzen seien Schmerzmittel unverzichtbar, um überhaupt eine Aktivität wieder aufzunehmen oder an einer multimodale Schmerztherapie teilzunehmen. (Dr. Amrhein, 2016). Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass ich sowohl für mein alltägliches Leben als auch für eine multimodale Schmerztherapie auf Analgetika angewiesen bin.

Eine multimodale Schmerztherapie scheint mir aus diesen Gründen sinnvoller als eine rein medikamentöse Behandlung von chronischen Schmerzen. So auch Dr. Christine Amrhein:

„Dagegen haben Studien gezeigt, dass eine multimodale Schmerztherapie bei mehreren Formen chronischer Schmerzen die effektivste Behandlungsmethode ist. […] Bei der multimodalen Schmerztherapie werden verschiedene Behandlungselemente miteinander kombiniert. Dazu gehören eine medizinische Behandlung, Informationen über die Hintergründe des Schmerzes (Psychoedukation), Entspannungsverfahren, Psychotherapie, körperliche Aktivierung, Ergotherapie und eventuell weitere Ansätze wie Musik- oder Kunsttherapie.“ (Dr. Amrhein, 2016)

Literaturverzeichnis

Menche, Nicole/ Brandt, Ina (2013). Pflege konkret. Innere Medizin. (6. Aufl.). München: Elsevier Urban & Fischer.

Nicholas, Michael/ Molloy, Allan/ Tonkin, Lois et al. (2014): Den Schmerz in den Griff bekommen. Die Strategie des aktiven Umgangs mit chronischen Schmerzen (2., überarb. erweiterte Aufl.). Bern: Verlag Hans Huber.

Dr. Antwerpes, Frank/ Fink, Bijan (o.D.). Schmerzgedächtnis. Abgerufen am 04.03.2024 von https://flexikon.doccheck.com/de/Schmerzged%C3%A4chtnis

Dr. Amrhein, Christine (2016). Medikamente und chronische Schmerzen (Seite 7/8). Abgerufen am 04.03.2024 von https://www.therapie.de/psyche/info/index/diagnose/chronischeschmerzen/behandlung-mit-medikamenten/

Dr. Jakobs, Nicolas (o.D.). Schmerzmittel und ihre Gefahren. Abgerufen am 03.03.3024 von https://www.schmerzgesellschaft.de/patienteninformationen/medizinische-schmerzbehandlung/schmerzmittel-und-ihre-gefahren

Dr. Amrhein, Christine (2016). Multimodale Schmerztherapie (Seite 6/8). Abgerufen am 04.03.2024 von https://www.therapie.de/psyche/info/index/diagnose/chronische-schmerzen/multimodale-schmerztherapie/

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Chronische Schmerzen (Ursachen, Therapie), 2022. Quelle: Abgerufen am 04.03.2024 von https://www.selfapy.com/media/pages/magazin/schmerzen/chronischeschmerzen/78b6e89e47-1658909984/blog-graph-29.pn